CHIRURGISCHE THERAPIE
Der Darmkrebs befällt fast ausnahmslos den Dickdarm und den Mastdarm. Wenn wir also von Darmkrebs sprechen, meinen wir das Karzinom des Darmabschnittes von der Einmündung des Dünndarms in den Dickdarm bis zum After. Am häufigsten findet sich solch ein Tumor im unteren Dickdarm und Mastdarm (Abb. 1).
Wenn der Krebs im fortgeschrittenen Stadium in die Lymph- und Blutgefäße einbricht, führt er zu Absiedlungen („Metastasen“) in den Lymphknoten neben dem Primärtumor oder in andere Organe. Der Dickdarmkrebs streut vorzugsweise in die nahe gelegenen („regionären“) Lymphknoten des zugehörigen Gekröses („Mesokolon“) entlang der dem Darm zugehörigen Blutbahnen (Abb. 2). Dringen Darmkrebszellen in die Blutbahn und streuen sie über die Blutgefäße, finden sich Metastasen meistens in der Leber, da das Blut des Darmes zunächst in die Leber fließt. (Abb. 2)
Bis zum heutigen Tage ist eine Heilung des Darmkrebses nur durch Operation möglich. Ziel der Operation ist die radikale Entfernung des Krebses und wenn möglich eventueller Absiedlungen. Standard der Chirurgie ist daher die Entfernung des primären Tumors am Entstehungsort im Darm in ausreichendem Sicherheitsabstand unter Mitnahme des Gekröses („Mesocolon“) mit allen regionären Lymphknoten bis an die Wurzel der zugehörigen Darmgefäße, um etwaige Lymphknoten-Metastasen mit zu beseitigen. Abhängig von der Blutversorgung des Darmes werden mehr oder weniger große Darmstücke mit ihren Blutgefäßen entfernt und die beiden Darmstümpfe nach Mobilisation und Annäherung vernäht unter Erhalt des Lumens und der Passage. Wir nennen diese neue Darmverbindung durch Naht „Anastomose“. Schwierig wird dies bei sehr tief sitzendem Krebs in der Nähe des Schließmuskels des Afters. Um den Krebs sicher zu entfernen, muss zum After hin ein Sicherheitsabstand von mindestens 3 cm eingehalten werden. In seltenen Fällen ist es dadurch nicht möglich, den Schließmuskel zu erhalten. Es muss dann der gesamte After mit entfernt und ein künstlicher Darmausgang angelegt werden.
In seltenen Ausnahmen kann ein nahe dem Darmausgang sitzender Mastdarmkrebs in einem sehr frühen Stadium auch einmal durch den After ohne Bauchschnitt entfernt werden.
Die häufigsten Standardoperationen sind daher je nach Lokalisation des Tumors:
- Die Hemikolektomie rechts: Das ist die Entfernung eines rechten Dickdarmteils (Abb. 3).
- Die Hemikolektomie links: Das ist die Entfernung eines linken Teils des Dickdarms bis zum sog. „Sigma“ (Abb. 4).
- Die Sigma-Resektion: Das ist die Entfernung des sog. Sigmas (der letzten Dickdarm-Schleife vor dem Mastdarm) (Abb. 5).
- Die Rektum-Resektion: Die Entfernung des Mastdarms mit Erhalt des Schließmuskels (Abb. 6).
- Die Rektum-Exstirpation oder –Amputation: Die Entfernung des Mastdarms unter Mitnahme des Schließmuskels mit Anlage eines künstlichen Darmausganges („Anus praeter“ oder „Colostoma“).
Eine Heilung durch Operation kann somit unter Umständen auch noch bei Lymphknoten-Metastasen, in einigen Fällen sogar bei Leber-Metastasen erreicht werden. Aber immer wenn der Tumor fortgeschritten ist, also durch die Wand des Darmes gewachsen ist oder Metastasen erzeugt hat, sinkt die Chance, den Tumor allein durch die Operation zu heilen. In solchen Fällen empfiehlt sich zusätzlich eine Chemotherapie („adjuvante Chemotherapie“) oder beim Mastdarmkrebs eine zusätzliche Kombination von Bestrahlung und Chemotherapie („adjuvante Radiochemotherapie“), wodurch die Heilungschancen verbessert werden. Liegt ein fortgeschrittener Mastdarmkrebs vor – was vor der Operation abgeschätzt werden kann – empfiehlt sich diese Kombination von Bestrahlung und Chemotherapie vor der Operation („neoadjuvante Radiochemotherapie“). Dadurch kann der Tumor verkleinert, die radikale Entfernung sicherer und der Schließmuskel in einzelnen Fällen gerettet werden.
Die bedeutendste Komplikation bei der operativen Behandlung des Darmkrebses ist die Heilungsstörung der Darmnaht mit Ausbildung eines Lecks (sog. „Anastomosen-Insuffizienz“). Dies bedeutet immer die Gefahr einer lebensgefährlichen Bauchfellentzündung. Daher empfiehlt der Chirurg manchmal bei besonders gefährdeten Darmnähten in der Nähe des Schließmuskels die vorbeugende Anlage eines vorgeschalteten künstlichen Darmausganges zum Schutz der Darmnaht („protektives Stoma“), der nach Ausheilung der Darmnaht oder eines Lecks wieder beseitigt werden kann.